„Liebe Eva! Ich ärgere mich oft sehr, wenn ich sehe, dass Kolleginnen von mir (Beraterinnen oder Coaches) für Ihre Projekte enormen Zuspruch bekommen, obwohl ich spüre, wieviel Unbewusstheit darin steckt…ich sehe oft, das den Menschen so viel „Falsches“ verkauft wird…dass alle „Bravo“ schreien, obwohl eine Sache gar nicht so „gut“ ist, wie sie tut…und obwohl es mich manchmal krampft und ekelt, versuche ich aufzuklären und konstruktive Kritik zu üben…aber das wird meist gar nicht gehört…eigentlich weiß ich, dass mich das nicht kümmern sollte…jeder soll sein Ding machen,…aber es wurmt mich so!!“
Du beobachtest, dass Menschen oft von dem angezogen werden, womit sie sich leicht und mühelos identifizieren können…mitunter gerade deshalb weil es eben nicht „auf höchstem Niveau“ ist, oder zumindest versucht, einen hohen Standard zu erfüllen…
Zugleich erlebst Du, dass ausgereifte Qualität nicht unbedingt „gemocht“ wird, weite Verbreitung findet und allgemeinen Zuspruch erhält…
Es scheint Dir, als würden gerade die „Dramen“, „Leidens“- und und „Ego“-Geschichten die größte Aufmerksamkeit erregen und ihre „Verursacher“ dabei zu Empfängern von unverdientem Zuspruch und Bestätigung werden …
Verständlicherweise kränkt und schmerzt Dich diese immer wiederkehrende Wahrnehmung…und Du wunderst Dich, wie es sein kann, dass die Menschen vornehmlich dem „Schein“ anhängen, anstatt nach WAHRHEIT zu suchen…
Und doch ist es offensichtlich: Alles was „mensch“ nach „Außen“ hin tut, tut er „an sich selbst“…wenn „mensch“ also Zuspruch erteilt, dann ist dieser (unbewusst) immer an einen Aspekt seiner selbst gerichtet.
Wie Bewunderung entsteht…
Das, was im Außen „gemocht“, gelobt oder bestätigt wird, entspricht immer dem, womit „mensch“ sich (unbewusst) stark identifiziert ohne damit schon ganz „eins“ zu sein….oder wiedrum demjenigen, womit er sich stärker identifizieren möchte ohne sich noch dazu in der Lage zu fühlen. Öffentlich zelebrierte „Fehlerhaftigkeit“ und „Schwäche“ (ganz gleich welcher Art) erntet deshalb ebenso viel Zuspruch, wie übersteigerte, Erfolgs-, Heils- oder HeldInnen-Geschichten.
Das, was sich im Innen nach (noch mehr) Bestätigung, Hinwendung oder Aufmerksamkeit sehnt, aber dort noch nicht ganz als „ICH SELBST“ erkannt wurde, wird im Außen gesehen und erhält dort die Anerkennung, die im Inneren so sehr gebraucht wird.
Bei diesem größtenteils unbewussten Prozess wird aber weder das „Innere“ noch das „Äußere“ klar gesehen…
Wenn ich z.B. meiner „Wildheit“ noch nicht genügend Raum und Bestätigung gegeben habe, aber bereits spüre, dass es mich danach verlangt, werde ich alle „wilden“ Aspekte im Außen großartig finden…(Wenn ich mit meiner „Wildheit“ noch sehr im Konflikt bin, gerate ich auch im Außen in Konflikt damit – in Deiner Frage beziehst Du Dich jedoch auf jene Dynamik, die dem Phänomen der Bewunderung zu Grunde liegt – weshalb ich mich hier darauf beschränken möchte.)
In einem solchen Fall sehe ich nur das, was in mir selbst nach Bestätigung ruft und verfüge nicht über das Unterscheidungsvermögen, um differenzieren zu können, wem oder was genau ich im Außen eigentlich zuspreche….
Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit
Eine solche „Projektions-Situation“ ist ganz alltäglich und somit „normal“…aber Du sehnst Dich nach einer Welt, in der diese „Norm“ überwunden und tiefer gesehen wird…eine Welt in der liebend UND klar erkannt und zwischen unterschiedlichen Qualitäten differenziert wird…eine Welt, in der das „Gute“ siegt und dem „Schlechten“ alle Macht entzogen wird…
Jetzt ist es an der Zeit, noch mehr auf die Anerkennung der Anderen zu verzichten!…Steh‘ noch tiefer und weiter für das ein, was Du siehst, empfindest, glaubst und begreifst…lebe und zeige Deine Wahrheit…es wird genug Menschen geben, die Deine Wahrhaftigkeit schätzen und DIR folgen…
In Deiner Frage zeigt sich Deine Frustration und Dein eigener Hunger nach Aufmerksamkeit und Zuspruch – sei DU die Quelle dessen, wonach es Dich verlangt!
Und, ja, ich kenne die Stimme, die jetzt in Dir einwendet:
“…aber ich will doch gar keine „Aufmerksamkeit“ erregen!…das habe ich früher vielleicht noch getan…aber heute habe ich kein Bedürfnis mehr danach!…ich will doch nur, dass es mit „rechten Dingen“ zugeht, in der Welt…!!!“
Natürlich, Du suchst in keinster Weise, nach jener Aufmerksamkeit, die sich in lauten „Bravo“-Rufen ausdrückt und Deine Person in dem Mittelpunkt rückt…und im auch im Zusammenhang mit Deiner Arbeit kannst Du auf lobende Bestätigung eigentlich verzichten…
Aber hier geht es um das Verlangen nach einer subtileren, „unpersönlicheren“ und „grund-notwendigen“ Form der Aufmerksamkeit – und es ist nur natürlich, dass es Dich kümmert, ob sie erfolgt, oder nicht.
Es ist nie „genug“
Tatsächlich geht es darum, dass sich das LEBEN, das Du bist fortwährend danach sehnt, sich weiter und weiter durch Dich zu entfalten und einzigartige Formen des EINEN hervorzubringen…und diese Formen verlangen ebenso kontinuierlich nach „energetischer Nahrung“ bzw. Liebe in Form von Aufmerksamkeit…
Anders beschrieben meint das: All das, was durch Dich lebt…alles was Du wahrnimmst, all Dein Wissen, Deine private oder berufliche Botschaft – wie auch immer Du es nennst oder begreifst…all das, sind einzigartige Ausdrucksformen DEINER EIgeNEN WAHRHEIT…
…metaphorisch gesehen sind diese „Formen“ das, was für den Bäcker die „Semmeln“ sind… (und zwar nicht nur in Hinblick auf „Produkte“, die Du im geschäftlichen Rahmen verkaufen willst, sondern in Hinblick auf das GANZE Leben in allen Bereichen und auf allen Ebenen…)
Dein „Brot“ will genossen werden
Das was, durch Dich „auf die Erde“ kommt – quasi „gebacken“ wird – will wahrgenommen, ergriffen, gebraucht und verwertet werden…ganz gleich ob es sich dabei um Gefühle, Erkenntnisse, subtile Wahrnehmungen, konkrete Taten oder geschaffene Werke handelt.
…und wenn Du nun erlebst und beobachtest, dass die „Semmeln“ eines anderen großen Zuspruch bekommen, obwohl sie Deiner Erkenntnis nach aus „schlechtem Mehl“ gemacht sind, dann ärgert Dich das zutiefst…“es krampft und ekelt Dich“ wie Du schreibst…es geht gegen Deine Prinzipien und kränkt Dich…weil Du eben auch erlebst, dass Deine „Semmeln“ gerade in diesem Moment offenbar nicht so im Umlauf sind, also nicht die gleiche Aufmerksamkeit und Hinwendung erhalten (was gestern war und morgen wieder sein wird, ist dafür unerheblich…JETZT – in dem Augenblick Deiner Beobachtung fehlt es Deiner Wahrnehmung, Deinen Empfindungen, Gedanken und Erkenntnissen an Auf-MERKSAM-keit…)
IMMER: JETZT
Auch wenn Du als Vorreiterin und Wegbegleiterin von genügend Menschen umgeben bist, die Deine „Semmeln“ sehr schätzen, sie Dir womöglich „aus der Hand reißen“ und Du mitunter sogar hoch für das gelobt wirst, was Du hervorbringst…
…all das, was Du bereits erreicht hast ändert nichts daran, dass Du im Moment erlebst, dass anderswo gerade etwas erfolgreich im Umlauf ist, konsumiert und „einverleibt“ wird, das Du als „schlechtes Brot“ empfindest…
Du selbst bist freilich stark mit Deinem „Brot“ identifiziert und strebst nach dessen „Verbreitung“, also nach der Entfaltung dessen, was in Dir lebendig ist und sich durch Dich ausdrücken möchte…deshalb betrifft Dich Deine Beobachtung so sehr und in Deiner Tiefe regt sich bereits die Angst, auf Deinen „Semmeln“ sitzen zu bleiben bis sie alt und ungenießbar sind…
LEBEN will Anerkennung durch Dich
Die Indentifikation mit dem, was durch Dich geschieht, sich durch Dich zeigt ist nichts „Schlechtes“, Du musst sie nicht „auflösen“ (wie das „spirituelle Ego“ irrtümlicher Weise glaubt)!
Tatsächlich ist es geradezu Deine Aufgabe für das einzustehen, was durch Dich lebt und in Deinen Gedanken, Gefühlen, Erkenntnissen etc. zur Audrucksform Deiner WAHRHEIT wird…
Es geht nicht darum, Dich nicht mehr darum zu „kümmern“, was mit dem passiert, das das LEBEN durch Dich hervorbringt…wenn Deine Wahrnehmungen, Deine Meinung oder Deine Handlungen nicht in dem Maße gewürdigt und wirksam werden, wie das LEBEN in Dir verlangt, dann ist es nicht an der Zeit zu sagen „Ach, mir doch egal: macht was ihr wollt!“…
Vielmehr bist Du als Kanal des EINEN LEBENS ja gerade deshalb da, um zu geben, was Du zu geben hast und dafür zu sorgen, dass Deine „Saat“ Verbreitung findet, keimen, gedeihen und ihre ureigenste Wirksamkeit einbringen kann…
(Schon in der Bibel-Geschichte wird uns erzählt, dass auch Jesus wütend war, wenn sein „Wort Gottes“ nicht entsprechend(!) gehört wurde…und zwar im Sinne von: „Ah, ja, danke für Deinen Beitrag, das wurde noch gar nicht so gesehen, das darf jetzt mal da sein und wirken…“
Genau diese Haltung ist es ja, aus der An-ERKENNUNG und AUFMERKSAM-keit entspringt…anstelle von blindem Lob oder „liebem“ Feedback…)
ES treibt Dich an…und zu DIR zurück
Solange Deine Gaben aber nicht (in umfassender Weise) „ankommen“, wirst Du nicht „zu-FRIEDEN“ sein und bleibst – wenn auch auf einer unbewussten Ebene an-getrieben…und das soll auch so sein, denn wie gesagt: das LEBEN in Dir verlangt naturgemäß nach An-ERKENNNUNG und Ausdehnung!
Erst wenn Du realisierst, dass alles in Dir aus dem EINEN LEBEN kommt und sich in seiner vielgestaltigen Form durch Dich nach Würdigung und Wirksamkeit sehnt – erst dann ist eine wahrhaftige und wirkliche Erfüllung dieser Sehnsucht möglich…
Wenn Du klar erkennst, wonach es in Dir ruft…und Du jedes auch noch so subtile Urteil darüber,…jede Distanzierung davon aufgibst und anerkennst, dass ALL DAS das EINE LEBEN ist, das Dich lebt…dann kannst Du ungehindert und unverwirrt danach Ausschau halten, wo Du die erforderliche Beantwortung und Erfüllung finden wirst…
Wo ist die geforderte Aufmerksamkeit, Resonanz und Anerkennung zu finden…wo kann das, was Dich erfüllt, ganz zur Entfaltung kommen… wo sind Deine „Semmeln“ am besten „an den Mann“ zu bringen…wo befindet sich der fruchtbare, empfängliche Boden, auf dem Deine „Saat“ sprießen und gedeihen will… und kann…
DU BIST ES!
Alles beginnt in Dir! Sei Du der Raum, in dem DEINE WAHRHEIT Deine ungeteilte Aufmerksamkeit erhält…in dem sie ganz erkannt und gewürdigt wird… sich entfalten und wirken darf…zuerst in Dir…und wenn SIE will, auch über all Deine scheinbaren Grenzen hinaus!
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